01. März 2023 Thema: Ortsverein Worms-Süd Von Tobias Kloster
Um den Wirtschaftsstandort Worms zu stärken, braucht es dringend nutzbare Gewerbeflächen. Das mögliche neue Gewerbegebiet Mittelhahntal steht derzeit im Fokus dieser öffentlichen Debatte.
Doch Gegenstimmen zu einer Bebauung werden lauter: Ist es in Anbetracht klimatischer Veränderungen ratsam, vorhandene Frischluftschneisen zu bebauen? Gerade vor dem Hintergrund der Diskussionen um innerstädtische Hitzeinseln, anhaltende Trockenheit und den Klimaschutzzielen der Stadt Worms lohnt es sich, genauer hinzuschauen.
Gemeinsam mit den Wormser Jungsozialist:innen hat der SPD Ortsverein Worms-Süd vergangenen Sommer einen Spaziergang mit der Initiative Klimaschutz Mittelhahntal und den Umweltverbänden organisiert. Wir haben die wichtigsten Argumente in unserem Standpunkt zusammengetragen.
Klima- und Artenschutz ernst nehmen
Die rund 43 Hektar umfassende Fläche ist keineswegs als leeres Brachland zu bewerten. Vielmehr ist das vielfältig genutzte Gebiet im Wormser Süden landwirtschaftliche Nutzfläche, ein funktionierendes Biotop und wichtiger Bestandteil der Freizeitgestaltung vieler hier lebender Menschen. Spaziergängerinnen und Spaziergänger können im hier befindlichen Wäldchen nicht nur Vögel beobachten, sondern auch Bienenstöcken bei der Arbeit zuschauen und Spuren von anderen Waldtieren finden, die das Gebiet als Rückzugsort nutzen.
Ebenfalls mitbedacht werden sollten die Klimaschutziele der Stadt Worms. Unter dem Klimaschutz- und Energieeffizienzkonzept (KLIK) werden die Emissionen klimaschädlicher Gase gesammelt, bewertet und Ziele ausgewiesen. In der Bilanz der letzten zehn Jahre stach insbesondere der Mobilitätssektor negativ hervor. Ein neues Gewerbegebiet würde den Verkehr nicht entzerren und die Emissionen senken, sondern neue Verkehrsflüsse erzeugen und die hier entstehenden CO2-Emissionen weiter ansteigen lassen.
Auch die Frage der sozialen Gerechtigkeit mitdenken!
Worms ist ein heißes Pflaster. Besonders in der dicht bebauten Innenstadt heizen sich versiegelte Flächen und Gebäude schnell auf und geben diese Wärme noch lange ab. Sogenannte tropische Nächte, in denen sich die Lufttemperatur nicht unter 20°C abkühlt, sind so häufig wie nie. Kinder und ältere Menschen, insbesondere aus einkommensschwachen Familien ohne direkte Möglichkeiten zum Abkühlen, sind hier gefährdet. Diese Entwicklung ist auch der Stadt nicht entgangen, weshalb fleißig Hitzeinseln geortet, das bundesweit erste Hitzetelefon eingerichtet und ein Hitzeaktionsplan beschlossen wurde. Eine Bebauung des Mittelhahntals, das erst im Jahr 2019 im Klimakonzept Innenentwicklung als „sehr ungünstig“ für eine Bebauung und als Luftleitbahn bzw. Kaltluftfläche der Stufe 1 deklariert wurde, wäre nicht nur auf kommunikativer, sondern auch auf politischer Ebene nicht mehr zeitgemäß.
Den Wert freier Flächen neu denken
Bei der Diskussion kommt das Dilemma zwischen dem wirtschaftlichen Wachstum und dem Schutz der Biodiversität, der Breite des Angebots von naturnahen Flächen in Stadtnähe sowie der notwendigen Klimaanpassung zutage: Bei dem berechtigten und notwendigen Wunsch nach Gewerbeflächen darf allerdings der eigentliche Wert unversiegelter und naturnaher Flächen nicht außer Acht gelassen werden. Statt neue Bodenversiegelung voranzutreiben, müssen bestehende Gewerbegebiete intensiv nachverdichtet und Besitzer brachliegender Flächen und Gebäude in Gewerbe- und Industriegebieten in die Pflicht genommen werden. Ähnlich wie im Fall des alten Schlachthofes müssen bestehende Gebäude und Flächen revitalisiert werden, statt neue Flächen zu versiegeln und gleichzeitig dem Verfall bestehender Gebiete beispielsweise entlang der B9 oder an der Klosterstraße weiter zuzuschauen. Die Gestaltung der Flächen, die die Innenstadt umgeben, haben direkten Einfluss auf das Klima und die Entwicklung der Innenstadt. Statt weiterhin auf großflächige Gewerbegebiete zu setzen, sollte geprüft werden, wie die Innenstadt für den Tourismus attraktiver gestaltet werden und die Aufenthalts- und Lebensqualität gesteigert werden könnte. Anknüpfpunkte bietet das aktuelle Programm Worms wird Wow. Dabei ist es essenziell, die innerstädtische Gastronomie sowie die herausragenden und einzigartigen Kulturprofile der Stadt in den Fokus zu nehmen und zu fördern. Denn das kulturelle und historische Erbe ist das, was Worms ausmacht.
Fazit
Wir müssen bestehende Gewerbeflächen und Industriegebiete effizienter nutzen und unsere eigenen Klimaschutzziele ernst nehmen. Statt weiterhin wertvolle Gebiete an flächenintensive Dienstleister abzugeben, sollte sich der Fokus auf neue Konzepte wie dem Digital Hub, Nachverdichtung bestehender nutzbarer Flächen, verstärkter Ansiedlung von Gastronomie im Innenstadtbereich und den historischen Kulturprofilen der Stadt wie dem SchUM-Erbe oder den Nibelungen richten. Denn nicht nur für Touristen, sondern gerade für die Wormserinnen und Wormser ist eine lebenswerte (Innen-)Stadt das Wichtigste.
Die Stärkung der Familien in Worms wird in Zukunft das wichtigste Ziel unserer Arbeit sein. Wir werden Familien in allen Lebenslagen unterstützen und alles dafür tun, damit sie sich in Worms wohlfühlen. Worms soll so zu einer der familienfreundlichsten Städte in ganz Rheinland-Pfalz werden.